EU stimmt über Unhosted Wallets ab – Deutsche Experten schlagen Alarm

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In der EU wird derzeit stark über die künftige Regulierung des Kryptosektors, die sogenannte MiCA-Verordnung (englisch: The Markets in Crypto-Assets Regulation), diskutiert. Dahingehend konnte die europäische Krypto-Community jüngst beruhigt aufatmen: Der Änderungsantrag zu einem De-facto-Verbot des energiehungrigen Konsens- und Schutzverfahrens “Proof-of-Work” und somit einem Verbot einiger der bekanntesten Kryptowährungen wie Bitcoin (BTC) und Ethereum (ETH) wurde abgelehnt.  

Verschärfte Vorschriften für Unhosted Wallets

Nun sorgt das EU-Parlament allerdings schon wieder für Unruhe im Krypto-Space. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments wird morgen, am 31. März, über ein Regulierungspaket zur Bekämpfung von Geldwäsche bzw. die “Transfer of Funds”-Regulierung (TRF) abstimmen. Dabei geht es um die Frage, ob sogenannte Unhosted Wallets, also Wallets, die nicht von einem Verwahrungsdienstleister wie einer Kryptobörse betreut werden, bei Transaktionen einer Identitätsprüfung unterzogen werden müssen. Als “Unhosted Wallets” sind private Wallets zu verstehen, die keine übergeordnete finanzielle Institution benötigen, um Transaktionen mit Kryptowährungen vorzunehmen. Zu diesen Wallets gehören zum Beispiel die Minerva Wallet, Trezor, Ledger, Metamask, imToken und Trust Wallet.

Der Gesetzentwurf geht von einem Abgeordneten der europäischen Grünen (Ernest Urtasun) und einer liberalen Politikerin (Assita Kanko) innerhalb der konservativen Fraktion EKR aus und basiert auf der internationalen FATF Travel Rule, die Standards zur Geldwäschebekämpfung definiert. In deren Zentrum stehen verschärfte Vorschriften zur Identitätsoffenlegung rund um Kryptowerte. Laut der neuen Verordnung sollten die Krypto-Anbieter nicht nur Informationen über Transferpartner sammeln, sondern sie auch ähnlich wie bei der Eröffnung eines Bankkontos mittels personenbezogener Daten wie Name und Anschrift verifizieren – und dies für jede einzelne Transaktion bereits ab 1 Euro.

Innovationsbremse bei Kryptowerten

Nach Ansicht des Digitalverbands Bitkom könnte Europa morgen mit dieser Entscheidung des EU-Parlaments “seine Zukunft als Innovationstreiber im Krypto-Sektor verspielen”, denn die daraus entstehenden Auflagen würden die Krypto-Branche vor bürokratische Schwierigkeiten stellen und hohen Compliance-Risiken aussetzen. 

Kevin Hackl, der Bereichsleiter für Digital Banking & Financial Services bei Bitkom, begrüßt die Idee, den Kryptomarkt sicherer zu machen, aber unterstützt das neue Vorhaben des EU-Parlaments dennoch nicht. “Anders als bei traditionellen Finanzströmen ermöglicht es die nicht veränderbare Blockchain, betrügerisches Verhalten aufzuspüren, etwa mit Hilfe sogenannter Chain-Analyse-Tools“, sagt Hackl. Und weiter:

„Die jetzt geplanten, kaum erfüllbaren Auflagen bergen die Gefahr, europäische Finanzinnovationen ungewollt frühzeitig auszubremsen.“

Kritisch betrachtet der Experte zudem die geplante Auflage, dass künftig alle Transaktionen von Unhosted Wallets ab 1.000 Euro den zuständigen Aufsichtsbehörden gemeldet werden müssen. Die geplanten Meldeanforderungen könnten vor allem “zu einer Flutung der Aufsichtsbehörden führen und damit den Fokus von tatsächlichen Verdachtsmeldungen ablenken“, so Hackl.

Zwischen Regulierung und Freiheit

Der christdemokratische Politiker und EU-Parlamentarier Stefan Berger begrüßt zwar eine strengere Geldwäschebekämpfung, die das Vertrauen in den jungen Kryptomarkt potenziell stärkt, aber mahnt zugleich, dass es eine Balance “zwischen notwendiger Regulierung und der Freiheit zur Weiterentwicklung” geben muss. Berger, der als offizieller Berichterstatter des ECON-Ausschusses des EU-Parlaments speziell für die MiCA zuständig ist, vergleicht einen Generalverdacht gegen Unhosted Wallets mit einem Generalverdacht gegen Bargeld:

“Ich stimme für eine Regulierung, aber ohne Änderungen, die vorschreiben, dass Transaktionen mit Unhosted Wallets standardmäßig den Behörden gemeldet werden müssen. Ich stimme gegen die erdrückende Bürokratie, die mit einer Jederzeit-Verifizierung verbunden ist. Schließlich muss man nicht jedes Mal seinen Ausweis vorzeigen, wenn man Bargeld benutzt.”

Gutes Recht auf Anonymität 

Dass der Staat mit dieser Praxis kriminelle Transaktionen erkennen möchte, um diese zu unterbinden, kann Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Centers, einerseits verstehen, aber andererseits findet der Blockchain-Experte, dass Menschen, die einfach gerne anonym bleiben möchten, auch ihr gutes Recht dazu haben sollten. Was bleibt ihnen denn sonst? Bitcoin-Hodl statt DeFi- bzw. NFT-Trading, langfristiges Investieren statt spontan mit Krypto zu bezahlen? “Die Kryptowerte von EU-Börsen abziehen und zu einer Nicht-EU-Börse transferieren”, wäre laut Sandner die logische Schlussfolgerung. Dem fügt er an: “Auch die Schweiz fällt einem hier ein und Firmen dort wie die Seba Bank oder Sygnum. Auch die Schweiz muss ähnliche Regeln einführen, aber die Schweiz scheint mir mehr auf die Verhältnismäßigkeit und Umsetzbarkeit zu achten als die europäische Regulierung”. 

Und noch weitere Konsequenzen stehen zu befürchten. Gerade Startups im Bereich DeFi und NFT könnten durch diese voraussichtlich sehr kostenintensive Regulierung akut gefährdet sind. Derartige Projekte mit innovativen Geschäftsmodellen würden also wahrscheinlich ins Ausland abwandern, meint Sandner. “Weiterhin führt dies zu einer Konzentration auf die großen Unternehmen wie Coinbase, weil diese die Kosten für solche Maßnahmen besser stemmen können. Letztlich wird der Innovationsgrads Europas geschwächt”, so der Experte.

Negative Konsequenzen für das DeFi-Ökosystem

Auch für Peter Grosskopf von der Blockchain-Firma Unstoppable DeFi geht diese Regelung im Bereich der Unhosted Wallets deutlich zu weit. Die Verpflichtung zur Verifizierung von Unhosted Wallets sei nicht nur ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre der Menschen, sondern hätte darüber hinaus auch schwerwiegende Folgen für das DeFi-Ökosystem in Europa, so der Experte. Transaktionen auf Wallets würden in der Zukunft mit mehr Komplexität und Kosten verbunden sein. Dies würde den boomenden DeFi-Sektor unweigerlich ausbremsen und europäische Bürger stärker von dieser Innovation abschneiden. Grosskopf sagt weiter:

“Wer wie ich glaubt, dass DeFi die Zukunft des Finanzsektors darstellt, hält das natürlich für einen riesigen wirtschaftlichen, finanziellen und gesellschaftlichen Rückschlag”.

Intensive Zusammenarbeit erwünscht

Anders als bei der MiCA-Abstimmung scheinen sich die Abgeordneten in diesem Fall offenbar einig zu sein. Patrick Hansen von Unstoppable DeFi erwartet, dass die TFR morgen erfolgreich verabschiedet wird und die vorgesehen Maßnahmen dadurch zur neuen Realität werden. 

Wie dies allerdings der Geldwäschebekämpfung helfen soll, bleibt fraglich. Kevin Hackl von Bitkom wünscht sich anstelle der morgigen Abstimmung eine intensive Zusammenarbeit zwischen Politik, Aufsichtsbehörden und Industrie “für den sicheren Austausch von geldwäscherechtlich relevanten Daten im Kontext von Kryptotransfers”. 




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